Gamification: Das Spielen ins Leben übertragen

Es scheint, als würden sich hinter dem Stichwort Gamification geheimnisvolle Dinge verbergen. Der Grundgedanke einer besseren Realität im Spiel ist jedoch ein alter. Nun wird dieser Grundgedanke jedoch umgekehrt: wie wäre es, wenn wir die Spiele-Welt in die Realität übertragen? Oder uns die Vorzüge der Spiele auch in der Realität zu eigen machen?

Das Buch zum Thema "Gamification"
“Reality is broken” von Jane McGonigal

In ihrem Werk von 2011 “Reality is Broken: why games make us better and how they can change the world” kehrt die amerikanische Spieleentwicklerin Jane McGonigal das Spiele-Image um: während Computerspiele negativ konnotiert, häufig als gewaltverherrlichend tituliert, als Zeitverschwendung und sinnlose Beschäftigung für kommunikationsschwache junge Nerds gesehen werden, geht McGonigal davon aus, dass wir in den Computerspielen zentrale Kompetenzen erwerben. Sie sieht in den Computerspielen, Erfahrungsräume in denen wir Hürden meistern müssen, Gemeinschaften aufbauen, mutig sind, uns Gefahren stellen und so “spielerisch” Fähigkeiten erwerben, die uns im “realen” Leben weiterbringen würden, wenn wir sie dort genauso einsetzen könnten wie im Spiel. Gamification also.

Was lernen wir in der virtuellen Spielewelt durch Gamification?

Wir lernen, uns mit anderen zu verbünden, um etwas zu erreichen, sofort Rückmeldungen zu unseren Handlungen zu erhalten. Wir lernen, Aufgaben zu meistern, Misserfolge einzustecken und trotzdem weiter zu machen. Außerdem lernen wir Schnelligkeit, Ausdauer und Strategie. Neben Erfahrungen, die wir in Computerspielen machen können, sieht McGonigal aber vor allem die Ausschüttung von Glückshormonen beim Spielen als zentralen Erfolgsfaktor. Wie sonst wäre die Faszination von Computer-Spielen zu erklären? Würden wir in Computerspiele lediglich Fähigkeiten und Kompetenzen trainieren, wäre ihre Attraktivität ähnlich wie bei anderen “Lernorten” wie Schulen. Es sind vor allem die beim Spiel ausgeschütteten Glückshormone, die Menschen immer wieder Spielen lassen. Wir haben Spass daran! Diesen Aspekt benennt McGonigal zwar, jedoch blendet sie den Bereich von Spiel-Sucht aus ihrer Argumentation größtenteils aus. McGonigal geht es jedoch gar nicht um die Auseinandersetzung mit Spielsucht.

Was wir von McGonigal lernen können?

Was mich an ihren Beiträgen und der gesamten Gamification-Bewegung fasziniert? Der Gedanke, spielerische Elemente stärker in die Realität einzubinden. Also Realität und Spiel mal umgekehrt zu denken. Wenn ich an die Alltags-Weisheit denke “das Leben ist kein Kindergeburtstag”, drängt sich bei mir schon seit jeher immer die Entgegnung “warum eigentlich nicht?”. Wäre es nicht schön, wenn wir einen Teil der Leichtigkeit von Spielen in den Alltag übertragen? Wenn wir spielerisch lernen könnten und Kompetenzen, die wir in Spielen entwickelt haben, auch vermehrt im Alltag nutzen könnten? Vor allem wenn wir damit die Potentiale junger Menschen nutzen könnten, die sie bisher nur in Spielen zeigen können. Ich würde McGonigals Theorie, der Welt-Rettung nicht uneingeschränkt teilen, dazu bin ich viel zu sehr im kritischen Deutschland und nicht im euphorische USA aufgewachsen, aber ich sehe die Potentiale dahinter. Es gilt nun Wege zu entdecken, diese auch zu fördern!