Privalino: Sicherer Instant Messenger für Kinder – Interview mit Gründer Patrick Schneider

Auch für Kinder ist das Internet immer interessant und Medienkompetenz sollte früh gewonnen werden – allerdings lauern im Netz auch Gefahren: Begriffe wie Cybermobbing, Cyber-Grooming und Hatespeech geistern seit Jahren durch die Medien. Dass es auch sichere Möglichkeiten der Internetnutzung, insbesondere des Instantmessaging gibt, zeigt unser Alumnus Patrick Schneider mit Privalino:

Patrick Schneider ist Gründer und Geschäftsführer der Kitext GmbH, Dozent an der Business Academy Ruhr und Autor des Buches „Die Wahrheit über Startups“. Mit seinem Startup entwickelt er Privalino, einen sicheren Instant Messenger für Kinder zwischen 6 und 10 Jahren. Die App analysiert die Nachrichten mithilfe von künstlicher Intelligenz und kann bei Gefahr durch Pädokriminelle oder Mobber eine Warnung an die Moderatoren, Eltern und Kinder aussenden. So ermöglicht Privalino Kindern, von den Vorteilen der Digitalisierung auch in jungen Jahren zu profitieren, ohne einer Gefahr durch sexuellen Missbrauch ausgesetzt zu sein.

Lieber Patrick, magst du uns erzählen, wie du auf die Idee gekommen bist, eine App für die Sicherheit von Kindern zu entwickeln? Wann war das? Wie kam es dazu?

Die Idee hatte eigentlich mein Gründungskollege Nicolai Erbs. Während seiner Promotion an der TU Darmstadt hat er überlegt, wie man künstliche Intelligenz für einen gesellschaftlichen Nutzen einsetzen könnte. Nachdem er einen Vortrag zur Erkennung von Pädophilen mittels Sprachanalyse gehört hatte, war die Idee von Privalino geboren. Per Zufall stieß ich kurze Zeit später, im März 2016, zum Projekt dazu. Zunächst wollten wir nur sehen, ob wir es überhaupt hinbekommen. Das heißt, die Idee zu Privalino war zunächst vollkommen technikgetrieben. Wir wollten einerseits sehen, ob ein solcher Schutz machbar ist und andererseits mit unserem Know-How etwas Gutes bewirken.

Im Laufe unserer Recherche und eigenen Erfahrungen mit Cyber-Grooming haben wir festgestellt, dass wir uns einem viel größeren Problem gegenübersehen als zunächst vermutet. Jährlich werden tausende Kinder von Pädokriminellen über die Online-Kommunikation sexuell missbraucht. Diese Cyber-Groomer gehen mit perfiden und äußerst intelligenten Methoden vor, um an Kinder heranzukommen. Als wir dies am eigenen Leib feststellen – wir gaben uns als Kinder aus und ließen uns in Online-Chats anquatschen – entstand ein innerer Drang, diesen Kriminellen die Tour zu vermasseln und Kinder vor ihnen zu schützen. Im April 2017 haben wir Privalino in die neu gegründete Kitext GmbH überführt, seit Januar 2018 sind wir über einen Investor finanziert. Wir erwarten, dass sich die Firma über Privalino im Laufe der nächsten 1,5 Jahre selbst tragen kann.

Wie sahen die ersten Schritte dazu aus?

Zunächst wollten wir wissen, ob unsere Idee Aussicht auf Erfolg hat. Dazu kann ich Gründungswilligen immer empfehlen, an einem Ideenwettbewerb teilzunehmen. Wir sind gleich einen Schritt weiter gegangen und haben uns für ein EXIST-Gründungsstipendium des BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) und des ESF (Europäischer Sozialfonds) beworben. Nachdem dieser Prozess (sechs Monate inklusive Verfassen des einzureichenden Papiers) erfolgreich abgeschlossen war, konnten wir ein Jahr lang mit Mitteln ausgestattet an unserer Idee feilen.

Im Social Media Bereich hieß es zunächst, die relevanten Kanäle zu sichten, auszuwählen und sich dann breit zu machen. Am besten hat dies über Multiplikatoren und wohlwollende Freunde geklappt. In erster Linie ist es bei der Ansprache von bereits etablierten Playern in der Branche wichtig, ihnen glaubhaft zu machen, dass man keine Eintagsfliege ist. Ansonsten verlieren die schnell das Interesse und man ist in ihren Augen „Just another startup company“. Den Eindruck einer seriösen und stabilen Firma zu entwickeln hat uns bislang die meiste Kraft gekostet, war aber als vertrauensbildende Maßnahme wichtig. Wir beginnen jetzt, zwei Jahre nach Beginn unserer Social-Media-Arbeit, die ersten Früchte zu ernten. Das heißt, mittlerweile kommen Leute auf uns zu und möchten ein Interview führen, einen Blog-Beitrag oder Artikel über uns schreiben oder uns als Speaker einladen.

Was braucht man, um App-Entwickler werden zu können?

Ehrlich gesagt, weiß ich das nicht genau, da ich persönlich nicht entwickle. Ganz böse gesagt braucht man nur einen Computer und ein wenig Ahnung vom Coden. Wenn man sich aber die Arbeit meiner Kollegen ansieht, wird rasch klar, wie viel mehr es braucht, um eine gute App zu entwickeln. Man benötigt einen Blick fürs Wesentliche (Welche Features brauche ich unbedingt, welche sind eher nice to have?), Übersicht (Wer macht was wann und wie stimmen wir uns ab?) und ein gehöriges Maß an Kreativität und Gefühl für Ästhetik. Nicht zuletzt bestimmen Usability und Design darüber, ob eine Applikation genutzt wird oder im Papierkorb landet.

Wie machst du die App Privalino bekannt und welche Rolle spielt Social Media Marketing dabei?

Neben unseren öffentlichen Auftritten, spielt sich der Großteil unserer Marketingmaßnahmen online ab. Da wir ein digitales Produkt anbieten, müssen wir auch digital denken und digital vermarkten. Der Großteil meiner Energie als Social Media Manager fließt in Facebook. Hier erreichen wir unsere Zielgruppe (Eltern mit Kindern zwischen 6 und 10 Jahren) am gezieltesten, können mit ihnen in Diskurs treten und Ratschläge geben. Außerdem schreiben wir regelmäßig Newsletter und Blog-Beiträge, mit denen wir einerseits hoch involvierte Interessenten bedienen und unseren Expertenstatus als Kinderschützer und Data Scientists aufbauen.

Da wir ein kleines Team sind, können wir uns zeitlich keine Liebhaberei erlauben und richten jede Maßnahme auf ein bestimmtes Ziel aus. Mit diesem Fokus erreichen wir trotz eines überschaubaren Marketingbudgets viele Menschen aus der für uns relevanten Zielgruppe.

Warum hast du dich für die Weiterbildung zum Social Media Manager entschieden?

Früher habe ich zu den Leuten gehört, die Social-Media-Arbeit als Nebensache betrachtet haben. Nachdem wir mit Privalino angefangen haben, ist klar geworden, wie wichtig Know-How in diesem Bereich ist. Wir bewegen uns in einem kritischen Spannungsfeld zwischen Kinderschutz, Privatsphäre, Datenschutz und sexualisierter Gewalt. Dies bedeutet, dass die mit der Social-Media-Arbeit betraute Person genau wissen sollte, was sie tut. Um meiner Aufgabe gerecht zu werden, habe ich mich für die Weiterbildung zum Social Media Manager bei der Business Academy Ruhr entschieden und diese Entscheidung nicht bereut.

Was hat dir die Weiterbildung gebracht? Wie setzt du das Wissen in der Praxis ein?

Ich habe vor allem gelernt, zielgerichtet vorzugehen und jede Maßnahme zu evaluieren. Nur so kann eine Verbesserung erreicht werden. Nicht zuletzt hat Social Media aus Unternehmersicht für mich einen viel höheren Stellenwert bekommen und nimmt für mich die erste Stelle im Marketing-Mix ein.

Welche Tipps gibst du jungen Menschen, die sich für das digitale Business interessieren?

Falls ihr Zeit-, Budget- oder Personalmangel habt (was im Grunde alles das Gleiche ist): Fokussiert euch auf einen Kanal und bespielt ihn professionell und regelmäßig! Das bringt deutlich mehr, als einen Krieg an mehreren Fronten zu führen. Gleich ob bei berechtigter oder unberechtigter Kritik: Ihr solltet weder aus der Haut fahren noch katzbuckeln.